London by Edward Rutherfurd

London by Edward Rutherfurd

Autor:Edward Rutherfurd [Rutherfurd, Edward]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Unknown publisher
veröffentlicht: 2013-06-20T00:00:00+00:00


Dan Dogget versuchte gefaßt auszusehen; doch unter den gegebenen Umständen war das nicht einfach. Es war ein bewölkter Septembertag; ein schneidender Wind wehte über die Hafenanlagen von Greenwich, und das graugrüne Wasser der Themse war bewegt. Nichts hatte sich in den letzten Wochen verändert. Margaret und die Kinder hatten sich in Hampton Court gut eingelebt, aber er hatte immer noch keinen Platz für seinen aufsässigen alten Vater gefunden.

Sechs Wochen war es her, daß er Meredith zusammen mit zwei Familienmitgliedern eines Augustabends von Hampton Court nach Hause gerudert hatte. Er hatte sofort vermutet, daß Meredith ein Mann mit Zukunft war. Am Ende der Fahrt hatte er seine Dienste erneut angeboten, und schon bald war er Merediths regelmäßiger Bootsführer geworden. Er hatte das Boot frisch gestrichen und darauf geachtet, daß er bei jeder Gelegenheit adrett gekleidet war; und der junge Mann schien mit dem Arrangement zufrieden. Vor einer Woche hatte Meredith beiläufig bemerkt, es wundere ihn, daß ein so gutaussehender Bursche nicht auf einer der eleganteren Barken arbeite. Während der Fahrt von Chelsea in die Stadt hatte Dan seine mißliche Lage erklärt. Meredith hatte nichts gesagt, aber zwei Tage später hatte er auf dem Weg von Greenwich nach Westminster erklärt: »Und wenn ich Euch helfen könnte, braver Mann, wie würdet Ihr mir dienen?«

»Sir«, erwiderte Dan eifrig, »ich würde alles tun, was Ihr verlangt. Aber ich glaube«, fügte er bedauernd hinzu, »daß Ihr mir nicht helfen könnte, eine Prunkbarke zu bekommen.« Der junge Höfling lächelte. »Mein Herr«, erwiderte er, »ist Minister Cromwell.« Mit seinem eckigen Kinn und dem mürrischen Blick war dieser Mann gedrungen wie ein Felsblock; jedermann wußte, daß es Thomas Cromwell war, der England für den König regierte. Dan war nicht klar gewesen, welch gute Beziehungen der junge Mann hatte. Als Meredith heute morgen beiläufig bemerkte: »Heute habe ich vielleicht Neuigkeiten für Euch«, ließ er den Fährmann aufgeregt zurück.

Wenn Dan Dogget die beiden großen Tudorpaläste an der Themse betrachtete, zwischen denen er seinem Beruf nachging, schienen sie ihm wie zwei verschiedene Welten. Hampton, fast zwanzig Meilen flußaufwärts inmitten seiner üppigen Wiesen und Wälder gelegen, machte den Eindruck, weit im Landesinneren zu sein. Aber sobald er am Tower vorbeikam und in die breite Windung des Flusses nach Osten einbog, holte er stets tief Atem und meinte eine salzige Brise zu riechen; dann war er auf dem Weg zum offenen Meer, wo alles möglich war.

In dieser erfrischenden Luft lag der Palast von Greenwich. Neben dem alten Weiler erstreckten sich die braunen Ziegelmauern und Türme des Palastes entlang des Wassers. Er hatte einen großen Turnierhof – denn obwohl schwere Rüstungen seit den Rosenkriegen aufgrund verbesserter Feuerwaffen veraltet waren, hatte Heinrich eine Vorliebe für den gefährlichen, prunkvollen Turniersport, an dem er selbst teilnahm. An der Ostseite des Palastes befand sich eine riesige Waffenkammer, ein wenig weiter flußaufwärts lag Deptford, die neue Werft der Tudors, in der Hochseeschiffe ausgestattet wurden.

Thomas Meredith' Laufbahn machte gute Fortschritte. Dank einer jüngst geschlossenen Freundschaft mit dem neuen, noch jungen Erzbischof Cranmer hatte man ihm heute bei der Taufe des königlichen Säuglings in der Kapelle des GreenwichPalastes einen bevorzugten Platz zugewiesen.



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